Im nächsten Jahr müssen wir uns leider an die Verträge machen. Durch die Richtlinie 2023/2673 wird die Richtlinie für die im Fernabsatz geschlossenen Finanzdienstleistungsverträge überarbeitet. Gleichzeitig gibt es eine Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel und zum besseren Schutz gegen unlautere Praktiken. Das alles fasst der Bundestag in ein neues Gesetz zur Änderung des Verbrauchervertrags- und Versicherungsvertragsrechts. Diese Regelungen sollen zum 19. Juni 2026 in Kraft treten. Bis dahin müssen die Verbraucherverträge, die im Fernabsatz geschlossen werden können, neu gefasst werden. Das sind die wesentlichen Änderungen:
In den Verträgen darf dem Verbraucher kein zusätzliches Entgelt auferlegt werden, damit er dem Unternehmer im Laufe der Geschäftsbeziehung telefonisch fragen stellen kann. Dem Kunden dürfen nur die Entgelte für die Nutzung des Telekommunikationsdienstes in Rechnung gestellt werden, d.h. ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung einer Telefonhotline ist nicht zulässig. Im Rahmen der Vermögensverwaltung dürfte so etwas nicht relevant sein.
Neu ist eine grundsätzliche Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher, wenn Anrufe aufgezeichnet werden (Taping). Das ist für uns nicht ganz neu, bereits mit der MiFID II kam § 83 Abs. 5 WpHG, wonach die Institute Neu- und Altkunden sowie Mitarbeiter zu informieren hatten, inwieweit eine Aufzeichnung von Telefongesprächen stattfindet. Diese Aufzeichnung ist nach § 83 Abs. 3 WpHG zwingend, soweit sich ein Telefonat auf Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen bezieht. Die Verwaltungspraxis der BaFin geht dahin, dass auch normale Beratungsgespräche aufgezeichnet werden müssen und der Kunde darüber informiert werden muss. Wenn sich aber ein Institut darüber hinaus entschieden hat, alle Telefonate aufzuzeichnen, dann muss die Information über das Taping in Zukunft in alle Vertragsinformationen aufgenommen werden.
Im Gesetz erfolgt eine Klarstellung, in welchem Verhältnis die verschiedenen Widerrufsrechte stehen. Bitte erinnern Sie sich, es gibt ein spezielles Widerrufsrecht für Fonds in § 305 KAGB und ein ähnliches für Vermögensanlagen (nicht in Wertpapieren verbriefte Anlagemöglichkeiten, wie z.B. Treuhandvermögen, Beteiligungen an Unternehmen, Genussrechte, partiarische Darlehen) in § 2 d) Vermögensanlagengesetz. Nun wird klargestellt, dass die dort geregelten Widerrufsrechte bei Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume des Instituts (die alten Haustürgeschäfte) vorgehen. Bei außerhalb der Geschäftsräume des Instituts geschlossenen Verträgen gelten daher diese spezialgesetzlichen Widerrufsvoraussetzungen.
Anders ist es im Fernabsatz, d.h. bei Verträgen die per E-Mail, per Internet, per Brief, Fax usw. durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden. Für diese gelten immer die etwas verbraucherfreundlicheren Regelungen des allgemeinen BGB, nun neugefasst in § 312 g) BGB. Bei Fernabsatzgeschäften und Vertragsschluss im Fernabsatz gelten daher immer die verbraucherfreundlicheren BGB-Regeln.
Die Widerrufsfristen für den Kunden beginnen nach dem neuen § 365 Abs. 3 BGB erst dann, wenn die Vertragsbestimmungen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die notwendigen Informationen für die Fernabsatzverträge dem Verbraucher mitgeteilt und zur Verfügung gestellt wurden.
Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt endgültig nach 12 Monaten und 14 Tagen, wenn ihm die Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden. Achtung: Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt nicht, wenn der Verbraucher nicht oder nicht korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
Wie die korrekte Information des Kunden über seine Widerrufsrechte zu erfolgen hat, regelt der neugefasste Art. 246 b) EGBGB. Hier finden wir eine vollständige Neuregelung. Im dortigen neu geregelten § 1 findet sich eine Auflistung der gesamten vorvertraglichen Informationspflichten des Instituts.
Die formale Anforderung an die Information ist, dass die Informationen leicht lesbar, in verständlicher Sprache abgefasst werden und Inklusionsanforderungen für Menschen mit Behinderungen erfüllen müssen.
Zudem muss nach einem neuen § 3 eine Bereitstellung von angemessenen Erläuterungen erfolgen, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob der angebotene Vertrag seinen Bedürfnissen und seinen finanziellen Informationen entspricht.
Die Muster für Widerrufsbelehrungen werden ersatzlos gestrichen. Damit sind die vorvertraglichen Widerrufsinformationen ausschließlich nach den Anforderungen des oben dargestellten Art. 246 b) EGBGB und der oben dargestellten Paragrafen zu erstellen. Auf Muster kann dann nicht mehr zurückgegriffen werden.
Neu ist vor allem eine elektronische Widerrufsfunktion bei Fernabsatzverträgen. Werden Verträge über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen, hat der Betreiber sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Online-Benutzeroberfläche eine Widerrufserklärung abgeben kann. Für Beratungsstrecken, Landingpages usw. muss daher eine elektronische Widerrufsfunktion zur Verfügung gestellt werden. Diese Widerrufsfunktion muss gut lesbar sein mit der Aufschrift „Vertrag widerrufen“ oder mit einer gleichwertig gut lesbaren Formulierung beschriftet sein. Dieser Widerrufsbutton muss während der gesamten Widerrufsfrist auf der Online-Benutzeroberfläche ständig verfügbar sein, hervorgehoben platziert sein und für den Verbraucher leicht zugänglich sein.
Leider wird auch ein Bußgeldtatbestand eingeführt. Unterlässt das Institut die Aufklärung über die Telefonaufzeichnung oder wird dem Kunden kein elektronsicher Widerrufsbutton bereitgestellt, kann das mit einem Bußgeld bestraft werden. Geldbußen sind bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes möglich.
Wir kommen also nicht umhin, im nächsten Jahr die Verträge anzupacken.
Über die Details werden wir Sie weiter informieren.
Mit den besten Wünschen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt