Ungünstiger hätte das Aus der Ampel kaum kommen können. Der alten Regierungskoalition ist es nicht mehr gelungen noch einen Haushalt für das kommende Jahr zu verabschieden. Damit steht Deutschland nicht nur ohne Regierung, sondern auch ohne Haushaltsgesetz da. Die Frage ist da natürlich in den Raum gestellt, wer bekommt noch Geld und wo fließt nichts mehr?
Die Lösung liegt in der Verfassung, nämlich Art. 111 des Grundgesetzes. Mit weiser Voraussicht haben die Mütter und Väter der Verfassung diese Konstellation geregelt. An sich ist die Hoheit über das Geld eines der wichtigsten parlamentarischen Rechte und das Kontrollinstrument des Parlaments für die Regierung schlechthin.
Ohne Gesetz (Haushaltsplan) dürfen keine Ausgaben getätigt werden. Nichtsdestotrotz hat die Verfassung für den Fall einer strauchelnden Regierung, die es nicht schafft, rechtzeitig einen Haushaltsplan für das nächste Jahr aufzustellen, Vorsorge getroffen. Auch ohne gültigen Haushaltsplan/Haushaltsgesetz darf die Bundesregierung noch folgende Ausgaben tätigen:
Die gesetzlich bestehenden Einrichtungen dürfen erhalten werden. Das ist etwas schlampig formuliert, man wird aber daraus einen Schutz für alle Einrichtungen herleiten können, die der Gesetzgeber in einem Haushaltsgesetz einmal erwähnt hat. Das sind natürlich in erster Linie die Verfassungsorgane, wie Bundestag, das Bundesverfassungsgericht, die Bundesregierung selbst, aber auch die Bundeswehr, der Bundesgrenzschutz, die Zollverwaltung, die Bundesautobahnen usw. Damit unterscheidet sich die Regelung ganz wesentlich von den USA; es gibt keinen Shutdown und der Bund ist nicht gezwungen, Beamte, Richter und Bundesangestellte nach Hause zu schicken, weil kein Geld mehr da ist.
Ebenso dürfen Ausgaben geleistet werden, um gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen. Damit ist auch ein Großteil unseres Sozialstaats gewährleistet. Die beschlossenen Maßnahmen, z.B. für das Bürgergeld, können fortgesetzt werden, weil sie bereits gesetzlich beschlossen sind. Das Gleiche gilt für die Zuschüsse zu den Sozialversicherungen, die Rentenzuzahlungen inzwischen der größte Ausgabenposten des Bundes.
Der Bund ist aber auch vertragstreu. Das Grundgesetz erlaubt es auch, die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen. Damit können z.B. internationale Organisationen wie die UNO oder die EU, aber auch Länder und Gemeinden aufatmen. Soweit nationale oder internationale Verpflichtungen des Bundes bestehen, Organisationen zu unterstützen, dürfen diese Ausgaben weitergeführt werden. Schwieriger wird es für diejenigen, die z.B. noch keine Förderbescheide erhalten haben, weil denen gegenüber eben keine rechtlich begründete Verpflichtung besteht. Die Unternehmen, die daher z.B. für die Klimatransformation noch keinen Zuwendungsbescheid erhalten haben, müssen sich nun bis auf weiteres gedulden und auf eine neue Bundesregierung bzw. einen neuen Bundeshaushalt hoffen. Das Gleiche gilt für Zusagen für einzelne Projekte, z.B. der Entwicklungshilfe oder der Kulturförderung. Wenn nicht durch Bescheid oder Vertrag verpflichtend, wird kein Geld mehr fließen.
Insgesamt ist das Grundgesetz relativ großzügig. Sofern bereits durch einen Haushaltsplan eines Vorjahres Beträge bewilligt worden sind, können Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortgesetzt werden. Das ist vor allem für die Bundeswehr und ihre Beschaffungen wichtig. Darauf könnte z.B. auch die Ukraine hoffen. Da bereits im letzten Haushalt Mittel für die Ukraine vorgesehen waren, können solche Leistungen auch im nächsten Jahr fortgesetzt werden. Dafür lässt das Grundgesetz sogar Verschuldung zu. Der Bund darf sich bis zu einem Viertel der Gesamtsumme des letzten Haushaltsplans verschulden. Damit stehen der Bundesregierung auch im nächsten Jahr rund 100 Mrd. Volumen möglicher Kreditaufnahme zur Verfügung.
Insgesamt also kein Grund zur Sorge, das Ampel-Aus bedeutet nicht, dass in Deutschland auch die Lichter ausgehen.
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt