Nun ist es amtlich. Der Marktzugang in die EU für Institute aus Drittstaaten wird deutlich erschwert. Schon seit langem war das in der Diskussion. Mit dem Gesamtpaket von Basel III sollte eine Verschärfung der CRD VI-Richtlinie einhergehen. Dadurch soll Instituten aus Drittstaaten der Marktzugang in die EU deutlich erschwert werden. Das ist in erster Linie nach dem Brexit gegen Institute aus Großbritannien gerichtet. Großbritannien ist mit dem Austritt aus der EU Drittstaat und damit verlieren die Institute aus Großbritannien den europäischen Pass, d.h. sie können nicht mehr einfach durch Anzeige an die Aufsichtsbehörde eine Niederlassung in Staaten der EU eröffnen oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in der EU nach Kunden fischen.
Um das zu konkretisieren hat die EU gerade noch rechtzeitig vor der Europawahl das Gesamtpaket Basel III und darin eine Verschärfung der CRD VI beschlossen. Ein neuer Art. 21c dieser Richtlinie regelt die Anforderungen an die Errichtung einer Zweigstelle für die Erbringung von Bankdienstleistungen durch sogenannte Drittlandunternehmen. Dem sind lange Verhandlungen vorausgegangen, denn die Regelung trifft nicht nur Institute aus Großbritannien, sondern auch aus den USA, Asien oder z.B. Banken aus der Schweiz. Die Anforderungen an diese Zweigniederlassungen haben es in sich. Die Zweigstellen müssen je nach Eingruppierung in verschiedene Klassen eine Mindestkapitalausstattung aufweisen. Zweigstellen der Klasse 1 müssen ein Mindestkapital von 2,5 Prozent der durchschnittlichen Verbindlichkeiten haben, wenigstens aber 10 Millionen Euro. Zweigstellen der Klasse 2 brauchen ein Mindestkapital von 0,5 Prozent der durchschnittlichen Verbindlichkeiten, mindestens aber 5 Millionen Euro. Die Eingruppierung hängt davon ab, ob die Aktiva über 5 Milliarden betragen, Einlagengeschäft betrieben wird, dass mehr als 5 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten der Zweigstelle ausmacht oder 50 Millionen Euro übersteigt und je nach Regulierung des Hauptsitzes der Bank.
Vorgeschrieben ist zusätzlich eine Liquiditätsausstattung, die Liquiditätsabflüsse von mindestens 30 Tagen abdeckt, eine interne Governance mit mindestens zwei Leitungspersonen und regelmäßiger Risikokontrolle sowie die Führung eines internen Buchungsregisters zu Aufsichtszwecken.
Deswegen haben ausländische Bankenverbände natürlich versucht, die Regelungen einzudampfen und so eng wie üblich zu fassen. Das ist aber nur teilweise gelungen. Eine solche Ausnahme ist die passive Dienstleistungsfreiheit. Sofern ein Privatkunde ausschließlich auf eigene Veranlassung die Dienstleistung der Bank in einem Drittstaat nutzt, so ist das von seinem Grundrecht gedeckt und löst noch keine Niederlassungspflicht für die von ihm angesprochene Bank aus. Die Kapitalverkehrsfreiheit der EU-Verträge schützt diesbezüglich die Bank aus einem Drittstaat. Von einer solchen Nutzung der passiven Dienstleistungsfreiheit ist aber nicht auszugehen, wenn sich die Bank vorher um Kunden in der EU bemüht und dadurch ein eigenes Unternehmen aus der eigenen Gruppe einsetzt. Auch wenn einem Bestandskunden neue Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden, ist das noch nicht automatisch von der passiven Dienstleistungsfreiheit gedeckt und das Drittlandunternehmen darf nicht automatisch davon ausgehen, dass Bestandskunden neue Bankprodukte oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Das wird in der Regel die Pflicht zur Niederlassung auslösen.
Die größte Ausnahme ist aber die für Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen nach MiFID II. Die Verpflichtung zur Eröffnung einer Niederlassung für Drittlandunternehmen gilt nicht, wenn dem Kunden Wertpapierdienstleistungen nach MiFID II angeboten werden, bzw. Wertpapiernebendienstleistungen wie die Entgegennahme verbundener Einlagen oder Gewährung von Krediten oder Darlehen für die Erbringung von MiFID II-Dienstleistungen. Damit wäre z.B. der Lombardkredit für eine Vermögensverwaltung oder Anlageberatung nicht umfasst und könnte ohne Eröffnung einer Niederlassung durch eine Bank aus einem Drittstaat angeboten werden. Niederlassungspflichtig wird das Drittlandinstitut dann, wenn es ohne Wertpapierdienstleistungen Einlagen oder Kredite an Endkunden in der EU anbieten will.
Bis heute haben sehr viele Institute aus Drittstaaten bei der BaFin Freistellungen beantragt, um in Deutschland tätig werden zu dürfen. Das Schicksal dieser bestehenden Freistellungen ist ungewiss. Sofern die Freistellungen Wertpapierdienstleistungen umfassen, werden sie wohl bestehen bleiben können. Bereits jetzt ist aber die BaFin bei der Gewährung solcher Freistellungen restriktiv und prüft, ob Bankkonzerne aus Drittstaaten überhaupt der Freistellung bedürfen.
Die Regelungen schützen zwar die EU vor unliebsamer Konkurrenz aus Übersee, das Ganze hat aber auch eine Kehrseite. Wahrscheinlich werden auch Kapitalmärkte aus anderen Teilen der Welt demnächst einen restriktiveren Markzugang für EU-Institute beschließen.
Gerne stehe ich Ihnen für Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt