Leider muss ich Sie diesmal mit etwas dröger und spitzfindiger Juristerei quälen. Immer wieder kommt es zu Problemen, wenn Wertpapierinstitute Zahlungsdienste erbringen wollen. Hintergrund ist die strenge Regel, wonach Wertpapierinstitute ihre Lizenz nicht mit einer Lizenz nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz koppeln können. § 15 Abs. 7 WpIG verbietet die Kombination einer Wertpapierinstitutslizenz mit Zulassungen nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz. Die Konsequenz ist, dass sich Wertpapierinstitute von allen Zahlungsdiensten fernhalten müssen und diese nicht erbringen dürfen.
Will daher ein Wertpapierinstitut seine Dienstleistungen ausweiten und z.B. dem Kunden auch Zahlungsmöglichkeiten anbieten, ist höchste Vorsicht geboten. In der Regel sind Zahlungsdienste die Durchführung von Zahlungsvorgängen über Konten für Kunden. Das ist für Wertpapierinstitute meist nicht relevant, weil sie für Kunden keine Zahlungskonten führen wollen. Tückischerweise sieht das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz aber auch eine Lizenzpflicht für das sogenannte Finanztransfergeschäft vor. Das sind Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos Geldbeträge für den Kunden von A nach B übermittelt werden. Das Finanztransfergeschäft ist ein Auffangtatbestand. Der setzt keine Übergabe von Bargeld voraus. Ausreichend ist die Bewegung von Buchgeld für den Kunden von einem Konto zu einem anderen. Ob der Zahler den Geldbetrag in Bar, per Überweisung, Scheck, Electronic Cash, Einzugsermächtigung oder Ähnliches erhält, ist ausweislich der Gesetzesbegründung unerheblich. Erlaubnispflichtig ist es, wenn der Zahlungsfluss von einem Zahler bis zum Empfänger durch einen Dienstleister bewirkt wird.
Für Wertpapierinstitute kann das relevant werden, wenn z. B. für Vermittler, Tippgeber oder andere Vertriebsmittler Provisionszahlungen oder Entgeltzahlungen bewirkt werden. Das kann für die Branche vor allem dann relevant werden, wenn durch Umsetzung der Kleinanlegerstrategie auf Europäischer Ebene das Provisionsthema neu aufgebracht und Provisionen vielleicht verboten werden. Dann müsste die gesamte Branche auf Serviceentgelte umstellen, damit noch Zahlungen an Vertriebsmittler geleistet werden können.
Die Idee ist nicht neu und existiert heutzutage bereits durch sogenannte Serviceentgelte. Diese Serviceentgelte haben mehrere Depotbanken und Verwahrstellen auch in der Vergangenheit schon angeboten. Durch die Serviceentgelte konnte ein Vermittler mit einem Kunden ein Entgelt für einen bestimmten Betreuungsservice vereinbaren und hat dann eben mit dem Kunden dafür ein Serviceentgelt vereinbart. Durch dieses Serviceentgelt war das Thema der Provisionen umgangen, denn der Vermittler erhält für seinen Service ein eigenes Entgelt des Kunden und ist daher nicht mehr auf Provisionszahlungen von Dritten angewiesen. In der Regel wurden diese Serviceentgelte von der Abwicklung recht praktisch gestaltet, sie wurden direkt durch Fondsverkäufe oder Einziehungen der Depotbanken beim Kunden erhoben und dann dem Vermittler gutgeschrieben.
Aufsichtsrechtliche Problematik dieser Servicegelteinziehung ist aber das dargestellte Finanztransfergeschäft. Würde z. B. ein Wertpapierinstitut diese Serviceentgelte für den Vermittler abwickeln, d. h. einziehen und ihm überweisen, läge darin ein Finanztransfergeschäft. Die BaFin ist in diesem Zusammenhang streng geworden. In der Vergangenheit hat sich die Branche mit einem Trick beholfen. Damit nicht jede Zahlung ein Finanztransfergeschäft bedeutet, hat der Gesetzgeber den Wortlaut von § 1 Abs. 1 S. 2 Z. 6 ZAG eng gefasst und als Finanztransfergeschäft nur einen Dienst gewertet, bei dem ein Geldbetrag nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrages entgegengenommen wird. Dieses „nur“ hat die Branche als „ausschließlich“ interpretiert. Eine solche ausschließliche Zweckbestimmung einer Zahlung liege nicht vor, wenn der Dienstleister selbst an der Wertschöpfung beteiligt sei und z. B. eigene Verpflichtungen aus einem Vertrag erfülle. Dann würde eben das Geld nicht nur zur Zahlung übermittelt, sondern auch um eigene Vertragspflichten zu erfüllen. Die Branche war erfindungsreich und hat durch vertragliche Gestaltungen eigene Vertragspflichten generiert, aufgrund derer die Weiterleitung von Geldern erfolgt ist. Dadurch konnte man aus dem Tatbestand des Finanztransfergeschäfts ausscheiden.
Leider ist die BaFin dieser weiten Auslegung entgegengetreten. In einer Verschärfung des Merkblatts mit den Hinweisen zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz tritt sie dieser Einschränkung entgegen. Für das Finanztransfergeschäft sei es nicht maßgeblich, ob über die reine Übermittlung des Geldbetrags hinaus von den an der Zahlungsabwicklung Beteiligten auch noch weitere Zwecke verfolgt würden. Auch Zusatzdienstleistungen schließen den Tatbestand nicht aus. Es sei nicht gerechtfertigt, den Schutzbereich des Gesetzes zu verlassen, nur weil ein Unternehmen über die Zahlungsabwicklung hinaus noch weitere Dienstleistung anbiete. Nach Auffassung der BaFin falle unter das Finanztransfergeschäft jeder Zahlungsvorgang, bei dem zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstenutzer keine kundenmäßige Beziehung begründet wird. Ausnahmen gelten nach Auffassung der Bafin nur für die Nachnamezahlung, den Weiterverkauf durch zwei selbstständige Umsatzgeschäfte oder die Tätigkeit von privatärztlichen Abrechnungsstellen.
Damit stellt die BaFin ausdrücklich klar, dass z. B. bei der Zahlungsabwicklung von Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern, beim Factoring, bei der Forderungsabtretung oder bei Treuhandservices für Internethandelsportale ein Finanztransfergeschäft vorliegen kann.
Damit bleibt nur die Möglichkeit, eine der Ausnahmevorschriften aus dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz zu nutzen. Eine Ausnahme ist z. B. § 2 Abs. 1 Nr. 8c ZAG. Danach gelten Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit der Bedienung von Wertpapieranlagen, die von Wertpapierinstituten im Rahmen ihrer Erlaubnis nach dem Wertpapierinstitutsgesetz durchgeführt werden, nicht als Zahlungsdienste. Gemeint sind vom Gesetzgeber eigentlich Dividenden, Erträge oder sonstige Ausschüttungen oder die Einlösung von Coupons, bzw. deren Veräußerung.
Denkbar ist aber auch, Zahlungsvorgänge, die von Wertpapierinstituten im Zusammenhang mit der Veräußerung von Wertpapieranlagen durchgeführt werden, unter diese Ausnahme zu fassen. Das können auch Erlöse aus einem Fondsanteilsverkauf sein.
Vereinbart daher ein Vertriebshelfer mit dem Kunden ein Serviceentgelt und wird dieses durch den Verkauf von Fondsanteilen erhoben, so wäre der Einzug und Gutschrift der Erlöse daraus für den Vertriebshelfer zwar ein Finanztransfergeschäft, könnte aber von der Ausnahme aus § 2 Abs. 1 Nr. 8c ZAG profitieren.
Damit wären die Serviceentgelte fürs erste gerettet. Sie könnten auch von Wertpapierinstituten und Vermittlern administriert werden.
Bitte seien Sie aber bei solchen Konstruktionen vorsichtig. Sie bedürfen einer eingehenden Begutachtung, damit sie nicht ohne Lizenz durchgeführt werden und damit ein böses Ende droht.
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt