Gerade sind von den meisten Wertpapierinstituten die Jahresberichte an die Bundesbank versandt worden. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ob die Zahlen an die Bundesbank nicht auf konsolidierter Basis geliefert werden müssen, wenn ein Institut von einer anderen Gesellschaft gehalten wird oder selbst Beteiligungen besitzt. Die Diskussion mit den Aufsichtsbehörden um die Konsolidierung zieht sich nun schon seit einigen Monaten, weil sich die Maßstäbe der Aufsichtsbehörden verschärft haben.
Konsolidierung ist ein altes Thema. Bereits seit Jahren fordert die Aufsicht, dass beaufsichtigte Institute, die in eine Gruppe eingegliedert sind, ihren Eigenkapitalnachweis auf konsolidierter Basis, d.h. auf Basis des Zahlenwerks der gesamten Gruppe, erbringen. Diese Diskussion hat durch den Wirecard Skandal eine Verschärfung erfahren, weil die Wirecard AG nicht von BaFin und Bundesbank durchleuchtet wurde, sondern nur die Wirecard Bank. Die Wirecard AG wurde nicht als Finanzholding eingestuft und deswegen fand keine Beaufsichtigung auf konsolidierter Ebene statt. Das hat der BaFin im Untersuchungsausschluss des Bundestages viel Ärger eingetragen. Entsprechend haben sich die Maßstäbe in den letzten Monaten deutlich verschärft.
Das liegt auch an der Neuregelung in der IFR. Dort regelt Artikel 7, wann Wertpapierinstitute auf konsolidierter Basis ihre Zahlen berichten müssen. Das ist misslich, weil erstens die Wirtschaftsprüferberichte deutlich teurer werden aber vor allem auch, weil sich die Eigenmittelvorschriften auf die gesamte Gruppe beziehen. Zum Beispiel müssen vom Eigenkapital immaterielle Vermögenswerte abgezogen werden. Das kann auch mal ein Goodwill sein, denn ein Erwerber für ein Institut gezahlt hat und der in der Gruppenbilanz festgelegt wird. Wird dieser Goodwill nun vom Eigenkapital des Instituts abgezogen, kann es schnell zur Nachschusspflicht und unangenehmen Rückfragen der Bundesbank führen.
Konsolidierung muss aber nicht sein. Werfen wir einen Blick in Artikel 7 IFR: Artikel 7 IFR (VO 2019/2033) sieht die Konsolidierungspflicht vor für
- Unions-Mutterwertpapierfirmen,
- Unions-Mutterinvestmentholdinggesellschaften,
- Gemischte Unions-Mutterfinanzholdinggesellschaften
Eine Unions-Mutterwertpapierfirma liegt nur vor, wenn es sich bei der Holding um eine Wertpapierfirma handelt. Das wiederum setzt voraus, dass die Gesellschaft im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sind im Anhang I Abschnitt A MiFID II definiert. Ich darf diese gerne an dieser Stelle wie folgt wiedergeben:
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben;
- Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden;
- Handel für eigene Rechnung;
- Portfolio-Verwaltung;
- Anlageberatung;
- Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten und/oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung;
- Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung;
- Betrieb eines MTF;
- Betrieb eines OTF.
Damit lässt sich die Eigenschaft als Wertpapierfirma vermeiden, wenn die Holding eben keine der genannten Wertpapierdienstleistungen erbringt. Sinn macht das eigentlich sowieso nicht, weil alle Wertpapierdienstleistungen auch im lizenzierten Tochterinstitut erbracht werden können, zumeist besteht eigentlich keine Notwendigkeit, solche Dienstleistungen auch in der Muttergesellschaft durchzuführen.
Eine Unions-Mutterinvestmentholdinggesellschaft liegt nur vor, wenn die Haupttätigkeit der Holdinggesellschaft darin besteht, Beteiligungen zu erwerben oder eines oder mehrere der in Anhang I. Nr. 2-12 und 15 der Richtlinie 2013/36/EU genannten Geschäfte zu betreiben. Das sind
- Entgegennahme von Einlagen und sonstigen rückzahlbaren Geldern
- Darlehensgeschäfte, insbesondere Konsumentenkredite, Kreditverträge im Zusammenhang mit Immobilien, Factoring mit und ohne Rückgriff, Handelsfinanzierung (einschließlich Forfaitierung)
- Finanzierungsleasing
- Zahlungsdienste im Sinne des Artikels 4 Absatz 3 der Richtlinie 2007/64/EG.
- Ausgabe und Verwaltung anderer Zahlungsmittel (z. B. Reiseschecks und Bankschecks), soweit diese Tätigkeit nicht unter Nummer 4 fällt
- Bürgschaften und Kreditzusagen
- Handel für eigene Rechnung oder im Kundenauftrag mit:
a) Geldmarktinstrumenten (Schecks, Wechsel, Depositenzertifikate usw.)
b) Devisen
c) Finanzterminkontrakten und Optionen
d) Wechselkurs- und Zinssatzinstrumenten
e) Wertpapieren - Teilnahme an Wertpapieremissionen und Bereitstellung einschlägiger Dienstleistungen
- Beratung von Unternehmen über Kapitalstruktur, industrielle Strategie und damit verbundene Fragen sowie Beratung und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen
- Geldmaklergeschäfte
- Portfolioverwaltung und -beratung
- Wertpapieraufbewahrung und -verwaltung
- Handelsauskünfte
- Schließfachverwaltungsdienste
- Ausgabe von E-Geld
Auch das sind Tätigkeiten, die man in der Regel nicht zwingend durch die Holding erbringen lassen muss oder auslagern kann, wenn man die Konsolidierung vermeiden will.
Letztlich wird die Konsolidierung auch fällig, wenn eine gemischte Unions-Mutterfinanzholdinggesellschaft vorliegt. Eine gemischte Finanzholdinggesellschaft ist in Art. 2 Ziff. 15 der Richtlinie 2002/87/EG definiert und setzt ein nicht beaufsichtigtes Mutterunternehmen voraus, das zusammen mit anderen Unternehmen ein Finanzkonglomerat bildet. Der Begriff des Finanzkonglomerats ist in Art. 2 Ziff. 14 der Richtlinie 2002/87/EG geregelt. Er setzt voraus, dass mindestens eines der Unternehmen der Gruppe ein Unternehmen der Versicherungsbranche ist.
Damit ist die Konsolidierung nicht zwingend. Das Gesetz gibt einige Möglichkeiten, die Konsolidierungspflicht zu vermeiden. In der Vergangenheit wurde oft der Weg in die Schweiz gewählt. Eine Holding in der Schweiz durchbrach in der Regel den Konsolidierungszusammenhang. Das hat sich aber durch eine andere Richtlinie der EU geändert, der Weg in die Schweiz ist diesbezüglich nicht mehr zielführend. In der Regel muss dann in der EU eine Gesellschaft benannt werden, die konsolidieren muss.
Ich denke, man findet auch in der oben genannten Aufzählung Möglichkeiten und legale Gestaltungen, um die Konsolidierung zu vermeiden.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt