Die Europäische Wertpapieraufsichtsagentur ESMA ist mit den Best Execution Umsetzungen der Institute in Europa nicht zufrieden. Es gebe Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten bei der tatsächlichen Umsetzung der Ausführungsgrundsätze nach MiFID II. Aufsichtsbehörden hätten festgestellt, dass in einigen EU-Staaten überhaupt keine Analysen zur Best Execution von Wertpapieren vorlägen und daher die Wahl von Ausführungsplätzen für Kundenorders überhaupt nicht gerechtfertigt würde. Institute würden keinen Nachweis führen, dass Kundenaufträge im Einklang mit ihrer Best Execution Policy ausgeführt würden, teilweise seien überhaupt keine Ausführungsgrundsätze festgelegt. Dem Anleger würden oftmals nur Allgemeinplätze über Grundsätze der Auftragsausführung bekannt gegeben.
Dies stehe im Widerspruch zu dem MiFID II Vorgaben. Eigentlich müssen Wertpapierfirmen nach Art. 27 Abs. 1 der MiFID II Grundsätze für die Auftragsausführung festlegen, die bei der Orderausführung das bestmögliche Ergebnis für ihre Kunden erzielen. Die Richtlinie schreibt Maßnahmen vor, um bei der Ausführung von Aufträgen das bestmögliche Ergebnis für die Kunden zu erzielen. Dabei müssen Preis, Kosten, Schnelligkeit, Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abwicklung, Umfang, Art und sonstige Faktoren berücksichtigt werden. Liegt vom Kunden eine spezifische Anweisung vor, so muss diese verpflichtend berücksichtigt werden. Für Privatkunden muss das bestmögliche Ergebnis am Preis für das Wertpapier ermittelt werden, wobei auch die mit der Ausführung verbundenen Kosten zu berücksichtigen sind.
Die Aufsichtsbehörden sollen vor den Instituten wirksame Vorkehrung zur Einhaltung dieser Grundsätze verlangen. Dazu müssen die internen Grundsätze der Auftragsausführung für verschiedene Kategorien von Finanzinstrumenten Informationen über verschiedene Handelsplätze vorhalten, ebenso zu den Faktoren für die Wahl des jeweiligen Handelsplatzes. Für die Kunden müssen die Grundsätze der Auftragsausführung als Information bereitgestellt werden, das ist die berühmte Best Execution Policy. Die internen Grundsätze müssen aber noch deutlich weitergehen und genaue Regelungen für die Auftragsausführung beinhalten.
Das soll nun ein neuer Delegierter Rechtsakt erreichen, der durch die MiFID II Überarbeitung im letzten Jahr geplant wurde. Durch die Änderung der MiFID II wird die ESMA ermächtigt, einen Delegierten Rechtsakt vorzuschlagen, der Vorgaben für genau diese internen Grundsätze zur Auftragsausführung enthalten soll.
Der Vorschlag ist eingebettet in verschiedene Maßnahmen der EU-Kommission zur Verbesserung der Europäischen Kapitalmärkte. Das Problem liegt in der Zerstückelung der EU-Wertpapiermärkte. Mitte letzten Jahres gab es in der EU 309 Handelsplätze für Wertpapiere und 181 systematische Internalisierer, die auf systematischer Basis Preise für Wertpapiere gestellt haben. Für den normalen Privatkunden ist es unmöglich, einen Überblick über die Handelsplätze zu erlangen und die Preise dieser verschiedenen Handelsplätze zu vergleichen. Selbst wenn ihm das gelingen sollte, werden dem Normalkunden meistens die Möglichkeiten fehlen, seine Orders über seine Depotbank an den jeweils günstigsten Handelsplatz zu geben. Deswegen war das Thema Best Execution eingeführt worden, damit die Wertpapierinstitute das für die Kunden mit übernehmen. Das Ergebnis ist aber ernüchternd. Selbst für institutionelle Kunden ist es schwierig, einen Überblick über die Preise der verschiedenen Handelsplätze zu allen Marktzeiten zu erhalten. Sie müssen zumeist für die entsprechenden Daten hohe Preise zahlen. Dem versucht die EU durch die neuen Europäischen Datenticker mit Echtzeitdaten zu Handelspreisen entgegenzuwirken. Diese Initiative ist gegen den Widerstand der verschiedenen Regionalbörsen durchgesetzt worden. Die Maßnahme macht aber natürlich nur Sinn, wenn nun auch die Institute verpflichtet werden, diesen neuen konsolidierten Europäischen Datenticker zu nutzen und bei der Wahl der Ausführungsplätze für Kunden zu berücksichtigen.
Die neue „Delegierte Verordnung für die Festlegung der Kriterien für die Festlegung und Bewertung der Wirksamkeit der Austragsausführungspolitik von Wertpapierfirmen“ regelt die internen Grundsätze für die Auftragsausführung. Daneben verbleibt es bei dem externen Dokument der Best Execution Policy für die Endkunden.
Institute sollen ein internes Governance-Verfahren zur Auswahl der Ausführungsplätze anwenden und eine aktuelle Liste der intern genehmigten Ausführungsplätze führen. Institute sollen qualitativ hochwertige Referenzdatensätze einholen, um ihre Ausführungsgrundsätze zu überwachen. Diese Referenzdatensätze sollen eine verlässliche und genaue Darstellung der Ausführungskurse bieten, wie z.B. die Daten von konsolidierten Datentickern. Diese Referenzdatensätze müssen eine vollständige und genaue Darstellung der auf dem Markt für die jeweilige Gattung erzielten Ausführungspreise liefern, Daten von den liquidesten Ausführungsplätzen für die jeweilige Wertpapiergattung enthalten und für Wertpapiergattungen, die außerbörslich ausgeführt werden, Marktdaten, die es dem Institut ermöglichen, die Angemessenheit der den Kunden vorgeschlagenen Preise zu bewerten.
Wenn ein Kundenauftrag an mehreren Handelsplätzen ausgeführt werden kann, sollen die Ausführungsgrundsätze Faktoren enthalten, die das Institut anwendet. Automatische Order-Routing-Systeme sollen nicht verwendet werden, wenn sie die Qualität der Ausführung beeinträchtigen könnten.
Wenn der Kunde nur für einen Teil seiner Orders Weisungen erteilt, entbindet dass das Institut nicht, die Order ansonsten bestmöglich auszuführen. Durch die Gestaltung von Homepage und Handelssystemen soll der Kunde nicht beeinträchtigt werden und seine Entscheidung nicht verzerrt werden. Sogenannte „dark patterns“ Methoden sollen verboten werden.
Besondere Vorgaben sollen für den Eigenhandel gelten. Führen Institute Kundenorders gegen das eigene Buch aus, müssen Schritte zur Ermittlung, Vermeidung und Bewältigung von Interessenkonflikten festgelegt werden.
Institute sollen Schwellenwerte für einzelne Kategorien von Wertpapieren festlegen und überwachen, ob für diese Wertpapiere durchgängig die besten Ergebnisse für die Kunden erzielt werden. Dazu sollen die Schwellenwerte anhand von Referenzdaten erhaltener Preise gescreent werden und festgestellt werden, ob die Kundenorders zu ähnlichen oder besseren Preisen ausgeführt wurden. Dabei sollen Zielvorgaben für akzeptable Abweichungen bei gleichzeitiger Gewährleistung der Ausführungsqualität festgelegt werden.
Diese Überwachung soll Preise, Kosten und alle sonstigen relevanten Ausführungsfaktoren umfassen.
Mindestens jährlich sollen die internen Grundsätze der Auftragsausführung bewertet werden, in dem die ausgewählten Ausführungsplätze und die getroffenen Vereinbarungen zur Auftragsausführung evaluiert werden. Wenn dann beispielsweise ein Ausführungsplatz für eine bestimmte Wertpapiergattung dadurch auffällt, dass deutlich mehr Geschäfte als in der Toleranzschwelle festgelegt von geringer Ausführungsqualität waren, wird eine Überarbeitung der internen Grundsätze gefordert.
Langfristige Verträge oder Exklusivitätsvereinbarungen mit bestimmten Handelsplätzen sieht die ESMA in diesem Zusammenhang sehr kritisch. Auch für außerbörslich ausgeführte Kundenorders müssen Grundsätze festgelegt werden. Gefordert wird eine Liste von Datenanbietern, um eine systematische und solide Überprüfung der Angemessenheit des Preises für die außerbörsliche Ausführung von Kundenaufträgen in den jeweiligen Klassen von Finanzinstrumenten durchzuführen.
Das große Umsetzungsthema wird daher wie immer der Datenfeed werden und die Frage, wo können die Daten für diese Aufgabe besorgt werden. Wenn beschlossen, soll der Delegierte Rechtsakt 18 Monate nach Verkündung in Kraft treten, es bleiben dann nur eineinhalb Jahre.
Mit dem Dornröschenschlaf des Themas Best Execution dürfte es dann vorbei sein.
Ich verbleibe mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt