Gerne gebe ich es zu, ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und habe versucht, über Chat-GPT und künstliche Intelligenz einen Newsletter zum Zukunftsfinanzierungsgesetz zu verfassen. Das Ergebnis ist enttäuschend, künstliche Intelligenz ist scheinbar deutlich weniger intelligent als angenommen. Laut KI erleichtert das Gesetz den Zugang zu Kapital für Unternehmen, fördert den Finanzstandort Deutschland, dient der Digitalisierung und der Finanzmarktinnovation sowie dem Schutz der Anleger und der Transparenz. Als Fazit zieht die künstliche Intelligenz den Schluss: Ein Meilenstein für die Finanzmarkt.
Genug Anlass für uns, die Sache einmal unter die Lupe zu nehmen. Nachfolgend habe ich Ihnen die wichtigsten Kernelement des Zukunftsfinanzierungsgesetzes aufgelistet:
  • Verzehnfachung (500.000 auf 5 Mio.) der „6b-Rücklage“ für die Übertragung von stillen Reserven aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf Reinvestitionen (Role-over, § 6 b) Abs. 10 EStG)
  • Anhebung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 2.000 auf 5.000,00 Euro (§ 3 Nr. 39 EStG)
  • Wegfall der Verpflichtung, bei englischsprachigen Prospekten eine deutsche Zusammenfassung zu erstellen
  • Ausgabemöglichkeit für Aktien mit einem geringeren Nennwert als 1 Euro
  • Absenkung des Mindestnennwerts von Aktien
  • Lockerung des Kündigungsschutzes für Banker, Risikoträger werden leitenden Angestellten gleichgestellt
  • Wegfall der Erlaubnispflicht für Drittstaatenhandelsplätze, die Handelsteilnehmern im Inland über ein elektronisches Handelssystem einen unmittelbaren Marktzugang gewähren (Wegfall von §§ 102 bis 105 WpHG)
  • Beschränkung des Anwendungsbereichs der EMIR-Verordnung auf unter Risikogesichtspunkten relevante Unternehmen und Reduktion des Anwendungsbereichs von ca. 1.500 auf 600 Unternehmen (Änderung § 32 Abs. 1 Satz 1 WpHG)
  • Wegfall der BaFin-Verpflichtung, Anzeigen zur Absicht der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen in anderem EU-/EWR-Staaten inhaltlich zu überprüfen (§ 71 Abs. 3 WpIG)
  • Wegfall der Anzeigeverpflichtung in das BaFin-Register für Anlageberater, Vertriebsbeauftragte und Compliance-Beauftragte sowie von Beschwerden von Privatkunden zum Mitarbeiter- und Beschwerderegister (§ 87 WpHG). Wegfall von 40.000 Anzeigen im Jahr. Die Verpflichtung, sachkundige und zuverlässige Mitarbeiter mit diesen Tätigkeiten zu betrauen, bleibt erhalten!
  • Wegfall der Verpflichtung zur Einreichung der Pflichtversicherungsbedingungen und der Pflicht zur Meldung von Emissionen elektronischer Wertpapiere zur Krypto-Wertpapierliste
  • Erweiterung der Befreiung für Schwarmfinanzierungen im Vermögens-anlagengesetz, auch für Angebote von Genossenschaftsanteilen (Vermögens-anlagengesetz)
  • Anhebung der Meldeschwelle für Millionenkredite von 1 auf 2 Mio. Euro
  • Reduktion der Anzahl zu meldender Kreditnehmer (§ 14 KWG)
  • Wegfall der Einreichungspflicht von Stammdaten- und Betragsdatenmeldungen für bestimmte einzelne Kreditnehmer, die Teil einer anzuzeigenden Kreditnehmereinheit sind und die Betragsschwelle von 20.000,00 Euro nicht erreichen (§§ 14 und 19 Abs. 2 KWG sowie GroMiKV)
  • Anhebung der Prospektpflichtgrenze auf Emissionen bis 12 Mio. Euro. Bislang war dies nur bis 8 Mio. Euro möglich, Änderung des Wertpapierprospektgesetzes sowie der Finanzdienstleistungsaufsichts-gebührenverordnung
  • Direkte Geltung der Verordnungen zum EU-Listing-Act, daher keine nationalen Gesetzesänderungen
  • Änderung durch Eröffnung des neuen Zugangsportals bei der ESMA für Unternehmens- und Finanzmarktdaten sowie Nachhaltigkeitsinformationen. Ausbau von Juli 2026 bis Januar 2030. Errichtung einer ESAP-Sammelstelle durch das Unternehmensregister und die BaFin, die Informationen an ESAP weiterleiten
  • Änderungen zur Durchführung der Verordnung über Echtzeitüberweisungen (VO 2024/886) und Änderungen im KWG, ZAG, Prüfberichtsverordnung, und anderen)
Das klingt natürlich nach sehr vielen Maßnahmen. Sie werden aber hoffentlich meine Enttäuschung nachvollziehen können, es ist ein Kleinflickwerk, ein großer Wurf fehlt. Die Verzehnfachung der 10b-Rücklage mag vielleicht etwas bringen, von der Anhebung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 2.000 auf 5.000,00 Euro wird aber kein großer Innovationsschub ausgehen.
Ich frage mich, wem die Möglichkeit, Aktien zu einem geringeren Nennwert als 1 Euro auszugeben, etwas bringen soll. Wollen wir in Deutschland denn ins Penny-Stock-Gewerbe einsteigen? Wenn bei einer Kapitalerhöhung nicht einmal Aktien mit einem Nennwert von 1 Euro ausgegeben werden können, lässt man das Vorhaben doch besser bleiben. Wer braucht schon Aktien in einer 10 Cent-Denomination?
Die Formalien der Millionenkreditmeldungen von 1 auf 2 Mio. anzuheben, bringt etwas Erleichterung, auch der Wegfall der Anzeigepflicht ans BaFin-Register für Mitarbeiter. Aus meiner Sicht handelt es sich aber nur um dringend notwendige bürokratische Korrekturen.
Die obige Einschätzung von Chat-GPT kann ich daher nicht teilen. Aus meiner Sicht ist das Fazit: Außer Spesen nichts gewesen.
Gerne halte ich Sie auf dem Laufenden und verbleibe
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt