Mit großen Hoffnungen hat die EU 2015 den European Long Term Investment Fund “ELTIF“ gestartet. Das Ergebnis blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Insgesamt hat sich bis zum Jahr 2022 lediglich ein Anlagevolumen von etwas über 11 Milliarden Euro in ELTIFs wiedergefunden. Der ELTIF wurde nur in 4 europäischen Ländern aufgelegt, davon mehr als die Hälfte in Luxemburg.
Was waren die Ursachen? Die Hauptursachen sind ungeschickt festgelegte Anlagerestriktionen und den Vertrieb erschwerende Anlegerschutzregelungen. Jeweils nur 10 Prozent des Investitionsvolumens eines ELTIFs sollten in Zielobjekte fließen können, entweder Sachwerte, Portfoliogesellschafen oder Zielfonds. Das ist natürlich als Diversifikationsstrategie gut gemeint, für Infrastrukturmaßnahmen, die ein Zielinvestment von ELTIF sein sollten, aber eine große Hürde. Wenn ein ELTIF jeweils 10 solche Infrastrukturmaßnahmen schultern sollte, während die Kreditaufnahme bei 30 Prozent festgelegt war, hätte der Vertrieb enorme Volumina mobilisieren müssen, um einen ELTIF zum Fliegen zu bringen. Das ist aber durch restriktive Vertriebsvorgaben so gut wie unmöglich gemacht worden. So war vorgegeben, dass Privatanleger nur zugelassen sind, wenn sie nicht mehr als 10 Prozent ihres Finanzinstrumente-Portfolios in einen ELTIF investieren und das sollte für alle Anleger gelten, deren Finanzinstrumente-Portfolio unter 500.000 Euro lag. Diese Schwellenwerte hätten also erst einmal ermittelt werden müssen, um die richtigen Anleger für einen ELTIF zu finden. Zusätzlich wurde der grenzüberschreitende Vertrieb erschwert, weil jeder ELTIF in jedem anderem EU-Staat lokale Zahlstellen unterhalten musste. Dazu kamen weitere Vertriebsanforderungen, interne Bewertungsverfahren und eine vorgeschriebene Anlageberatung. Damit war das Vorhaben zum Scheitern verurteilt.
Nun aber hat sich der Wind gedreht. Die EU hat die ELTIF-Verordnung überarbeitet und die Vertriebsvorschriften an die MiFID II Vorschriften angeglichen. Für den Vertrieb der ELTIFs ist ein Produktgenehmigungsverfahren zu durchlaufen, wie es auch Product Governance für jedes andere Wertpapier vorschreibt. Ein spezieller Anlageberatungsprozess ist nicht mehr vorgeschrieben, vielmehr ist eine Geeignetheitsprüfung durchzuführen, wie sie nach MiFID II auch für andere Finanzinstrumente gilt. Nur wenn das Beratungsergebnis lautet, dass der ELTIF für den Anleger nicht geeignet ist und er aber dennoch einen ELTIF erwerben will, muss eine ausdrückliche Zustimmung des Kleinanlegers eingeholt werden, dass er die Risiken versteht.
Zudem werden die zulässigen Vermögensgegenstände für den neuen ELTIF deutlich erweitert. Börsennotierte Unternehmen dürfen bis zu einer Marktkapitalisierung von 1,5 Milliarden Euro erworben werden, deutlich mehr als die bis jetzt gültigen 500 Millionen Euro. Auch Finanzinstitute, die noch nicht länger als 5 Jahre am Markt sind, können erworben werden. Die Kreditaufnahmegrenze wird von 30 Prozent auf 50 Prozent (Kleinanleger), bzw. sogar 100 Prozent beim Vertrieb an professionelle Kunden, erweitert. ELTIFs werden sogar als Dachfondskonstruktion interessant, sie dürfen europäische Fonds, wie andere ELTIFs, EuVECA, EuSEF oder OGAWs oder EU-AIF erwerben. In solche Dachfonds dürfen aber leider keine Anteile von Fonds außerhalb der EU erworben werden, jedenfalls nicht in signifikanter Höhe. Als Dachfonds eignet sich der ELTIF daher nur, wenn als Zielfonds europäische Fonds ausgewählt werden.
Auch Sachwerte sind weiter zulässig, der Mindestwert von 10 Millionen Euro entfällt, auch die Vorgabe für einen sozialen Nutzen. Zudem sind Verbriefungen und grüne Anleihen als Schuldverschreibungen zugelassen.
Daneben entfallen weitere Restriktionen. Die speziell nur für ELTIFs zugelassenen Vermögenswerte werden auf 55 Prozent statt 70 Prozent reduziert, das heißt 45 Prozent können nunmehr in Liquiditätswerte, die auch für UNITS-Fonds zugelassen sind, investiert werden. Die Kreditaufnahme wird von 30 auf 50 Prozent erhöht, bei ELTIFs für professionelle Kunden sogar auf 100 Prozent.
Damit wird der neue ELTIF zu einer echten Konkurrenz für Fonds, die bis jetzt nur als AIF zugelassen werden konnten. Der neue Trumpf der ELTIFs ist aber aus meiner Sicht die Möglichkeit zum grenzüberschreitenden Vertrieb in andere EU-Länder, das heißt die neuen ELTIFs sind sogar EU-Pass fähig, anders als Publikum-AIF.
Die neuen ELTIFs können von Vermittlern mit Zulassung nach § 34 f Gewerbeordnung vertrieben werden.
Etwas unhandlich sind noch die Vorschriften für die vorzeitige Rücknahme von Anteilen. Solche können vom ELTIF zugelassen werden, dazu wird es noch nähere Einzelheiten von der ESMA geben, die hoffentlich die bestehenden Unsicherheiten beseitigen.
Wird auch diese letzte Stufe einigermaßen vertriebsfreundlich, dann kann es mit dem neuen ELTIF was werden. Insgesamt eine erfolgreiche Nachbesserung, es hat ja auch 8 Jahre gedauert. Gut Ding will manchmal Weile haben.,
Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt