Dieser Tage wird die sog. „MiCA“ als MiFID für Kryptowerte Licht der Welt erblicken. Seit Anfang Oktober 2022 steht der finale Text der neuen Markets in Crypto Assets Regulation (MiCA) fest. MiCA soll einheitliche Regelungen im Umgang mit Kryptoassets, wie Bitcoin, Ether und z.B. Facebooks Utility Token Libra schaffen. Voraussichtlich Anfang 2023 wird die neue EU-Verordnung in Kraft treten und 18 Monate später Rechtswirksamkeit gegenüber allen Marktteilnehmern in der Europäischen Union entfalten. MiCA wird dann die Kryptoverwahrung und -verwaltung für andere, den Betrieb von Kryptotauschplattformen, dem Umtausch von Kryptowerten gegen Fiatgeld oder andere Kryptowerte, die Ausführung von Kundenaufträgen zu Kryptowerten, die Platzierung von Kryptowerten, die Ausführung von Kryptotransaktionen für Kunden, die Auftragsentgegennahme und -übermittlung zu Kryptowerten sowie die Beratung und Portfolioverwaltung zu Kryptowerten als Kryptodienstleistungen regulieren.
Bis jetzt war die Regulierung um Kryptowerte in Deutschland ein Torso geblieben. Zur Einführung einer Erlaubnispflicht für bestimmte Dienstleistungen um Kryptowährungen hat der deutsche Gesetzgeber den Begriff der Finanzinstrumente im Kreditwesengesetz weit gefasst. Kryptowährungen wurden als Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Ziffer 10 KWG eingestuft. Zudem wurde das Kryptoverwahrgeschäft als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung in § 1 Abs. 1a S. 2 Ziffer 6 KWG definiert.
Beim Anlegerschutz ist man noch nicht so weit. Kryptowährungen werden im deutschen Wertpapierhandelsgesetz nicht als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID definiert, damit geltend deren Anlegerschutzvorschriften in Deutschland noch nicht für Kryptowährungen.
Nach dem Hype der letzten Jahre haben die Kyrpowerte in letzter Zeit eher Negativschlagzeilen gemacht. Die digitale Währung TerraUSD ist zusammengebrochen. Der Wert von Bitcoins hat sich nach einem sagenhaften Aufschwung wieder deutlich reduziert. Das Projekt Stablecoins des Facebook Mutterkonzern Meta, genannt Libra und dann Diem, ist fast schon wieder vergessen und dann kam noch der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX und ihre Anführers Sam Bankman-Fried, die sich nach allem was man hört zu einem Finanzskandal ausweiten wird, demgegenüber Wirecard wie ein Kavaliersdelikt wirken muss. Während es am Anfang noch hieß, es sei überhaupt kein Geld mehr da, finden die Insolvenzverwalter nun doch ca. 5 Milliarden Dollar, sicher nicht die letzte Schlagzeile in diesem Zusammenhang.
Das alles ruft vollkommen zurecht die Regulierer auf den Plan. Die Verhandlungen um die MiCA waren lang. Verschiedene Aspekte sollten geregelt werden, z.B. auch Umweltfragen und der Energieverbrauch des sogenannten Mining. Letztlich setzte sich aber das Gebot der Technologieneutralität durch. Angestrebt wird eine Regulierung für die gesamten Krypto-Assets und es wird unterschieden zwischen Regelungen für den Primärmarkt, d.h. insbesondere die Emittenten und Emissionen von Krypto-Assets, als auch den Sekundärmarkt, nämlich Dienstleistungen um Krypto-Assets.
Durch die MiCA werden Kryptowerte reguliert. Das sind digitale Darstellungen von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der sog. „Distributed-Ledger-Technologie“, DLT genannt, oder ähnlicher Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können. Dabei bildet die MiCA im Wesentlichen drei Gruppen:
  • Utility-Token, das sind Kryptowerte die digitalen Zugang zu Waren oder Dienstleistungen verschaffen und über DLT von dem Emittenten des Tokens akzeptiert werden (das wären z.B. Meilen aus dem Miles and More Programm, wenn sie über Blockchain geführt würden),
  • wertreferenzierte Token, das sind Kryptowerte die eine Wertstabilität erreichen wollen und dazu Bezugsgrundlagen wie gesetzliche Zahlungsmittel oder Kombinationen von Kryptowerten verwenden,
  • E-Geld-Token, das sind Kryptowerte, deren Hauptzweck darin besteht als Tauschmittel zu dienen und bei denen ein gesetzliches Zahlungsmittel als Bezugsgrundlage verwendet wird, z.B. Euro oder Dollar.
Nicht erfasst werden einzigartige und nicht-fungible Krypto-Assets, z.B. digitale Kunst. Damit werden die sogenannten Non-Fungible Token nicht reguliert. Nicht reguliert werden auch Wertpapiere. Wer mit seinem Kryptowert bereits jetzt unter die Definition der Wertpapiere oder Finanzinstrumente fällt, bleibt durch die MiFID reguliert.
Es kommen sehr spannende Abgrenzungsfragen auf uns zu. Soll man z.B. entscheiden, ob Bitcoin ein solcher E-Geld-Token ist, muss geprüft werden, ob der Hauptzweck der Bitcoins darin besteht als Tauschmittel zu dienen. Dazu müsste man aber einen Emittenten finden, der einen solchen Zweck definieren könnte. Vom sogenannten „Erfinder“ der Bitcoin kennen wir aber nur das Pseudonym Satoshi Nakamoto. Laut Internetrecherche verbergen sich dahinter illustre Namen, sie gehen von Elon Musk bis zur CIA. Ich bin also schon gespannt, wen die Bundesbank in einer Sonderprüfung befragen wird um den Hauptzweck der Bitcoins zu ermitteln. Das gleiche Problem wird sich stellen, wenn der Emittent von solchen Kryptowerten ermittelt werden soll, weil die MiCA auch an diesen Anforderungen stellt.
Erlaubnispflichten
Die MiCA bringt Erlaubnispflichten für die Emittenten von Kryptowerten und für die Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Werten.
Wertreferenzierte Tokens und E-Geld-Tokens dürfen nur noch mit Erlaubnis der Aufsichtsbehörde angeboten werden. Dabei müssen die Emittenten der wertreferenzierten Tokens verschiedenste Anforderungen erfüllen, z.B. in der Europäischen Union niedergelassenen juristische Personen sein, angemessene Eigenmittel aufweisen und sogar über eine Vermögenswertreserve verfügen. Erleichterungen sind nur für Kreditinstitute vorgesehen.
Nur diese dürfen auch die sogenannten E-Geld-Token ausgeben, ebenso so wie E-Geld-Institute. Die Emittenten von E-Geld-Token müssen allen Inhabern die gleichen Rückforderungsrechte einräumen, insbesondere die E-Geld-Token jederzeit zum Nennwert entweder in Bar oder per Überweisung zurücknehmen.
Besondere Anforderungen gelten für E-Geld-Token, die von der EBA als signifikant eingestuft werden, z.B. wenn sie von mehr als 10 Millionen Personen genutzt werden, die Marktkapitalisierung über 5 Milliarden Euro liegt und die Tagestransaktionen in diesem Kryptowert 2,5 Millionen oder den monetären Wert von 500 Millionen Euro überschreiten.
Erlaubnispflichtig werden auch die Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten. Diese Kryptodienstleistungen umfassen:
  • Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte;
  • Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte;
  • Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährungen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind;
  • Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte;
  • Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte;
  • Platzierung von Kryptowerten;
  • Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte;
  • Beratung zu Kryptowerten;
Ach hier gibt es wieder Erleichterungen für Kreditinstitute.
Das White Paper
Als eine Art Ersatz für Prospekte dienen für die Kryptowerte die sogenannten White Papers. Auch hier gelten unterschiedliche Anforderungen. Für die wertreferenzierten Tokens und E-Geld-Tokens gelten die höchsten Anforderungen. Erstaunlicherweise werden die White Papers nicht inhaltlich durch die Aufsichtsbehörden überprüft. Sie werden lediglich bei der Aufsicht registriert. Der Emittent eines White Paper für E-Geld-Token soll lediglich eine Beschreibung des Emittenten und des Projekts und der wichtigsten am Projekt beteiligten Akteure enthalten. Rechte und Pflichten, einschließlich des Rechts auf Rücktausch zum Nennwert und eine Information über die zugrundeliegenden Technologien und die Risiken im Zusammenhang mit dem Emittenten und den E-Geld-Token sind anzufügen.
Wenigstens müssen aber die Leitungsorgane für die Vollständigkeit und Fairness der White Papers von E-Geld-Token haften.
Diese Besserstellung der White Papers gegenüber einem Prospekt ist nicht ganz nachvollziehbar. Alle Fonds, Vermögensanlagen und sonstigen Wertpapiere müssen von der BaFin genehmigte Prospekte zur Verfügung stellen, diese Ungleichbehandlung ist nur schwer verständlich.
Ich rechne durch die MiCA mit einer ersten Marktbereinigung. Der wilde Westen für die Krypowerte dürfte dann erst einmal vorbei sein. Einige Cowboys werden aber übrig bleiben und ich bin schon gespannt auf deren Produkte.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Christian Waigel
Rechtsanwalt